Lagerbestände sind Reservemittel zwischen Input- und Output-Prozessen. Sie entstehen, sobald  letztere voneinander abweichen. Die einzige Möglichkeit, Lagerbestände gänzlich zu vermeiden, ist Input- und Output-Flüsse optimal aufeinander abzustimmen. In der Praxis ist das aber nur in den wenigsten Fällen möglich. Eine Vielzahl an Betrieben und Handelsfirmen arbeitet deshalb mit Lagern, um ihren Warenbestand zu deponieren.

In den meisten Lagern sind nicht zu wenige Waren und Artikel das Problem, sondern zu viele. Wird der Höchstbestand überschritten, bildet sich ein Überbestand, eine Bestandsmenge, die wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll ist. Der Lagerbestand hat dann im Verhältnis zum Eigenkapital eine kritische Größe erreicht.

Eine Vielzahl an Unternehmen sitzt auf großen Mengen unverkaufter Altlasten. Hohe Lagerbestände treten dabei bei Unternehmen aller Größen und Branchen auf. Tatsächlich sind große Konzerne genauso betroffen wie kleine und mittelständische Betriebe. Die Gründe für Überbestände sind vielseitig. In vielen Fällen mangelt es schlichtweg an der Auseinandersetzung und angemessenen Beachtung der Lagerbestände. Dabei entsteht enormes Potenzial, wenn Kapital durch den Abbau von Überbeständen freigesetzt wird.

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Herausforderungen und Zielkonflikte

Durch die Veränderung der Marktlandschaft haben sich auch die Anforderungsprofile an Lieferanten geändert: Gewünscht sind immer kürzere Lieferzeitanforderungen bei höherer Lieferbereitschaft und Flexibilität. Zudem formulieren Unternehmen vielfach das Ziel, dem Kunden einen hohen Lieferservicegrad zuzusichern. Wenn jedoch große Mengen der geführten Produkte auf Lager gehalten werden, um eine hohe Verfügbarkeit und Lieferbereitschaft zu gewährleisten, treibt dies die Kosten in die Höhe.

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Der Weg, die veränderten Anforderungen der Marktlandschaft über Lageraufbauten zu bewerkstelligen, führt zwangsläufig zu hoher Kapitalbindung und damit einer sinkenden Liquidität und Rentabilität eines Unternehmens. Weitere Nachteile ergeben sich aus dem höheren Veralterungs- und Verderbsrisiko einzelner Waren und der immensen Kosten für die Lagerung und Verwaltung erhöhter Bestände.

Differenzierung von Überbeständen – guter und schlechter Lagerbestand

Die erste Herausforderung, die sich im Prozess einer Lagerbestandssenkung ergibt, ist zu unterscheiden, welche Funktion konkrete Bestände einnehmen. Hierbei gilt es herauszufinden, welche Art von Beständen als „gut“ und „schlecht“ einzuordnen sind. Als „gute“ Bestände werden Lagerbestände aus dem Vorratslager bezeichnet, die dazu dienen, Kundenanforderungen zu erfüllen. Darunter fällt jeder Lagerbestand, der gehalten wird, um die Lieferfähigkeit aufrechtzuerhalten. In Industrieunternehmen dient diese Art des Lagerbestands vor allem dazu, dass getaktete Fließfertigungen nicht unterbrochen werden. Auch Bestände aus dem Ersatzteillager sind hier zu nennen. Sie dienen der Versorgungssicherheit und werden bei Reparaturen und Wartungen benötigt.

Dem gegenüber stehen die  als „schlechte“ Lagerbestände zu bezeichnende Überbestände.  Diese Form der Lagerbestände resultiert aus mangelhaft abgestimmten Prozessen innerhalb der Lieferkette. Es handelt sich um Bestand, der die Nachfrage übersteigt. Durch die permanente Erhöhung dieser werden die eigentlichen Probleme und Missstände entlang der Lieferkette verdeckt.

Lagerbestand reduzieren

Was ist der Höchstbestand?

Insgesamt darf der Lagerbestand den Betrag aus Sicherheitsbestand und berechneter Nachbestellmenge nicht überschreiten. Diese Summe wird auch als Höchstbestand bezeichnet. Der Höchstbestand ist die Menge an Waren und Gütern, die maximal im Lager deponiert werden sollte, damit die Kapitalbindungskosten möglichst gering gehalten werden und keine zusätzlichen Lagerkosten entstehen. Eine Begrenzung ist also in zweierlei Hinsicht sinnvoll: Zum einen aufgrund der Kapitalbindung und zum zweiten aufgrund des Lagervolumens. Ist der Lagerbestand zu hoch, wurde der optimale Höchstwert überschritten. Wird dieser ermittelt, kann dies Aufschlüsse geben, im welchem Rahmen Handlungsbedarf besteht. Wer seinen Höchstbestand dauerhaft im Blick behält, kann unnötige Vorräte vermeiden.

Überbestand feststellen – was zählt alles als Überbestand?

Um Lagerbestand als Überbestand zu klassifizieren, muss betrachtet werden, um welche Art von Artikel es sich handelt. Bei nicht lagergeführten Artikeln wird beispielsweise bereits jeder Bestand, der die Kundenbestellungen übertrifft, als Überbestand angesehen. Das Ziel nicht lagergeführter Waren ist, keinen Bestand dieser Waren vorzuweisen. Jeder „freie“ Bestand wird also automatisch zum Überbestand und steigert den gesamten Lagerbestand.

Bei lagergeführten Artikeln hingegen sieht es etwas anders aus. Um diese als Überschuss zu identifizieren, benötigt man weitere Informationen. Wie bereits erklärt, darf der Lagerbestand den Betrag aus Sicherheitsbestand und berechneter Nachbestellmenge, das heißt den Höchstbestand, nicht überschreiten. Jeder Bestand der sich oberhalb dieser Grenze befindet, ist deshalb automatisch als Überschuss zu klassifizieren und sollte im Lager nicht vorhanden sein.

Ursachen zu hoher Lagerbestände

Eine Vielzahl an Ursachen und Einflussfaktoren wirken sich auf das Niveau des Bestandes aus. In jedem Unternehmen hat ein hoher Lagerbestand unterschiedliche Ursachen. Folgend werden die häufigsten praxiserprobten Ursachen erläutert:

Einer der Hauptgründe sind Überprognosen bzw. eine schlechte Prognosequalität. Das Resultat sind zu hohe Bestellungen, die Überbestand bilden. Umso länger die Lieferzeit ist, desto größer wird die Bestellung und somit auch der Überschuss ausfallen. Weiterhin versuchen viele Unternehmen, durch größere Bestellungen bessere Konditionen und Rabatte zu erzielen. Handelt es sich dabei aber um Artikel, die schlechte Drehungen vorweisen, ist der Verlust vorprogrammiert. Wer sich also auf diese Art von Arrangement einlässt, sollte auf jeden Fall im Kopf behalten, dass Umsatz nur durch Drehungen zu generieren ist. Wird mit einer Lieferzeit gerechnet, die größer als die tatsächliche Lieferzeit ist, treffen Waren ein, bevor sie benötigt werden. Auch dieses Problem steigert den Lagerbestand.

Eine weitere Ursache können Mindestabnahmemengen beim Lieferanten sein. Auch Bestellungen für Sonderanfertigungen ohne konkrete Kundenbestellungen sorgen für Überschuss. Auf diese sollte verzichtet werden. Ebenso problematisch sind zu hohe Bestellungen bei Artikeln mit einer begrenzten Haltbarkeit. Die kurze Haltbarkeitsdauer erschwert das Finden von Abnehmern. Im selben Maße problematisch sind erste Bestellungen bei neuen Artikeln. Diese fallen oftmals zu hoch aus, wenn der Bedarf auf dem Markt zu geringfügig ist.

Weitere Ursachen können sein:

  • Mangelnde Thematisierung der Bestände
  • Umstellung von der Eigenfertigung zu Fremdbezug
  • Unzureichende Qualifizierung der Mitarbeiter
  • Falsche Losgrößen und Sicherheitsbestände
  • Organisationsmängel innerhalb der Lieferketten und Geschäftsprozesse
  • Mangelnde Integration der Datentechnik
  • Unzureichende Lieferfähigkeit der Lieferanten
  • Unzureichende Qualität der Dispositionsverfahren
  • Weite Sortimentstiefe- und breite
  • Unstimmigkeit in der Planung und Steuerung
  • Ungenaue Absatzplanung und Unkenntnis von Absatzveränderungen

Lagerbestand zu hoch – Nachteile und Folgen

Ein hoher Lagerbestand birgt enorme Risiken. Selbst erfolgreiche Unternehmen können auf diese Weise in eine kritische und bedrohliche Lage geraten. Altlasten und schwer verkaufbare Waren werden für Unternehmen immer mehr zu einer finanziellen Belastung. So ergeben sich immense Zinskosten für das gebundene Kapital. Vor allem vorratsintensive Unternehmen bekommen dies zu spüren.

Weiter entstehen Opportunitätskosten, da das in den Beständen gebundene Kapital nicht anderweitig eingesetzt werden kann und womöglich für wichtige Investitionen fehlt. Auch die Gefahr, dass eingelagerte Ware nicht mehr benötigt wird und mit Verlust verkauft werden muss, steigt.

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Gleichermaßen erhöht sich das Lagerrisiko. Je mehr Ware im Lager verwahrt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Veralterung, Beschädigung, Schwund und Verderb. Andersherum bedeutet dies, dass ein größerer Aufwand für die Pflege der Güter betrieben werden muss. In einer solchen Situation verlieren viele Unternehmen schlichtweg den Überblick.

Zusätzlich wachsen die Lagerkosten, da mehr Lagerkapazität und Betriebsbereitschaft gefordert wird. Miete, Energie, Wasser, Instandhaltung, Versicherungen und Reinigung – Lagerräume erzeugen Kosten. Wird nun mehr Lagerkapazität benötigt, steigen die Ausgaben automatisch. Hinzu kommen weitere Kosten für Löhne und Gehälter, da mehr Lagerpersonal benötigt wird. Nicht zuletzt bedeutet ein höherer Bestand auch höhere Versicherungsbeiträge.

Lagerbestand zu hoch – gibt es auch Vorteile?

Die negativen Auswirkungen liegen auf der Hand. Aber haben hohe Lagerbestände auch Vorteile? Die Antwort lautet:  Ja, je nach Situation kann ein hoher Lagerbestand durchaus Vorteile mit sich bringen.

Wer sich die Funktionen der Lagerhaltung anschaut, versteht den Nutzen, der sich hinter Lagerbeständen verbirgt. In erster Linie vereinfachen Lagerbestände den Balanceakt zwischen Angebot und Nachfrage. Unternehmen können schneller und ohne Probleme auf Nachfragen reagieren und diese bewältigen. Kommen beispielsweise unerwartete Großaufträge herein, können diese anhand der hohen Bestände schnell und einfach abgewickelt werden. Absagen und Verärgerungen durch Lieferverzögerungen entfallen.

Die verkürzte Lieferzeit steigert gleichzeitig die Kundenzufriedenheit. Diese permanente Lieferfähigkeit in Form von einem hohen Kunden-Servicelevel kann zu weiteren Folgeaufträgen und damit zu einer beständigen Geschäftsbeziehung führen. Die Aufgabe besteht darin, einen Kompromiss zwischen akzeptablen Bestandskosten und einer möglichst hohen bzw. schnellen Bestellungserfüllung finden.

Weitere Vorteile verbergen sich im Bestellvorgang und der Lieferung. Da mehr Lagerkapazität vorhanden ist, kann in großen Bestellmengen eingekauft werden. Das bedeutet gleichzeitig, dass von Rabatten profitiert wird. Handelt es sich um eine größere Beschaffungsmenge, verbessern sich die Konditionen des Einkaufs automatisch.

Weiter bleiben die Lieferkosten gering, da Klein- und/oder Eilbestellungen entfallen. Möchte ein Unternehmen von Mengenrabatten, niedrigeren Kosten bei der Bestell- und Lieferabwicklung und günstigeren Transportkonditionen profitieren, sind Lagerbestände also unumgänglich. Indem günstigere Transportkonditionen und Mengenrabatte erzielt werden, wird der Bestand automatisch aufgestockt. Genauso maximieren sich Lagerbestände, indem durch größere Produktionslose die Produktionsstückkosten gesenkt werden. Weiter sind hohe Lagerbestände sinnvoll, wenn ein Anstieg der Preise einzelner Güter erwartet wird.

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Negative Aspekte überwiegen

Dass hohe Lagerbestände auch Vorteile haben, steht also außer Frage. Dennoch überwiegen bei zu hohen Beständen die Nachteile. Die Praxis zeigt, dass das Führen von hohen Beständen um eine hohe Lieferbereitschaft zu garantieren, oftmals nur eine temporäre Lösung darstellt. Mit der Zeit werden sich unfreiwillig Über- und Altbestände entwickeln, die in absehbarer Zeit finanzielle Probleme nach sich ziehen. Ein langfristiger Erfolg ist durch einen Lagerbestand, der zu hoch ist, also ausgeschlossen.

Lagerbestand zu hoch – was ist zu tun?

Welche Maßnahmen zur Senkung des Lagerbestands greifen, ist nicht allgemein zu beantworten. Von Unternehmen zu Unternehmen variieren die Ursachen eines zu hohen Lagerbestands. Deshalb muss auf unterschiedlichem Wege dagegen vorgegangen werden. Die drei bedeutendsten Bestandssenkenden-Maßnahmen lassen sich aber wie folgt zusammenfassen:

1. Bestellabstände verändern

Ein hoher Lagerbestand bindet Kapital, das beim Einkauf und für weiteren Investitionen fehlt. Das Ziel ist deshalb ein Lagerbestand, der sich nach der tatsächlichen Nachfrage ausrichtet. In diesem Kontext ist es hilfreich Trends zu erkennen, um Rückschlüsse auf den Sortimentsaufbau ziehen zu können. Wer Trends erkennt, kann Rückschlüsse für den Sortimentsaufbau ziehen. Indem Bestellabstände überdacht und verändert werden, lassen sich somit zu hohe Lagerbestände vermeiden.

2. Produktvielfalt und -variation verringern

In einigen Fällen ist eine weite Sortimentstiefe- und breite die Ursache hoher Lagerbestände. Wird das Sortiment verringert, werden Ladenhüter schneller erkannt. Allgemein fällt es einfacher, den Überblick zu behalten.

3. Mitarbeiter schulen

Indem unzureichend qualifizierte Mitarbeiter geschult werden, können die Produktivität gesteigert und Überbestände gesenkt werden.

Wer sich im Bestands- und Supply Chain Management auskennt, weiß, dass die Höhe der Bestände immer das Ergebnis und nicht das Ziel der Lagerdisposition ist. Die meisten Ansätze bekämpfen den Überstand selbst, jedoch nicht die eigentliche Ursache. Eine nachhaltige Reduktion der Bestandssenkung erfordert deshalb eine fundierte Prozessanalyse. Die heutige Logistik verfügt über zahlreiche Tools, mit denen die Ursachen von Überbeständen ausgemacht und bekämpft werden können. Hier sind vor allem Softwares hilfreich, die auf die eigenen Bedürfnisse anpassbar sind und die Lagersituation dauerhaft und nachhaltig verbessern, sodass das Aufkommen von Überbeständen und weiteren lagerbezogenen Hindernissen gänzlich vermieden werden.

Weitere Tipps, wie Sie Ihren Lagerbestand reduzieren können, finden Sie hier: Bestandsreduzierung

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Literaturhinweis

Schwalbach 2013, S. 28 ff.

Schwalbach 2013, S. 179 f.

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