2. BEDEUTUNG DER KAPITALBINDUNGKOSTEN FÜR LAGERBESTÄNDE
Kapitalbindungskosten oder auch kalkulatorische Zinsen genannt, bezeichnen die Kosten für das in Realgüterbeständen des Unternehmens gebundene Kapital. Dazu gehören Bestände des Anlage- sowie des Umlaufvermögens. Der Großteil der Kosten für das im Umlauf gebundene Kapital ist auf die Kosten für die Kapitalbindung in Lagerbeständen zurückzuführen. Hierzu gehören Material- und Rohstoffbestände, Zwischenlagerbestände in der Produktion genau wie Fertigproduktbestände.
Eine hohe Kapitalbindung ist vor allem in anlagenintensiven Branchen zu vernehmen. Firmen, die auf Produktion angewiesen sind, stehen vor dem Problem, dass wegen ihrer Produktionsweise umfangreiche Produktionsanlagen von Nöten sind. Geringere Kapitalbindungsprobleme treten bei lagerintensiven Unternehmen auf, die von einer schnellen Lagerumschlagshäufigkeit profitieren.
Aus empirischen Erhebungen bei denen Handels- und Industrieunternehmen verschiedenster Branchen untersucht wurden, geht hervor, dass die Kosten für das in Lagerbeständen gebundene Kapital rund 20 Prozent der gesamten Logistikkosten ausmachen. Zu entnehmen ist außerdem, dass die Tendenz steigend ist. Aus diesem Grund kommen Kapitalbindungskosten als Logistikkostenart eine große Bedeutung zu, zumal sie als Inputgröße in verschiedenste logistische Einheiten einfließen, wie z.B. Bestellmengenplanung, Festlegung des Lieferbereitschaftsgrades oder der Fertigungslosgrößenplanung.
Die exakte Bestimmung der Kosten für das in Lagerbeständen gebundene Kapital stellt Unternehmen oftmals vor eine Herausforderung. Spielräume bei der Festlegung des Zinssatzes sind nur ein Problem, die eine exakte Bestimmung erschweren. Hinzu kommen Spielräume bei der Berechnung der durchschnittlichen Kapitalbindungshöhe, die aus unterschiedlichen Wertansätzen resultieren.
2.1 Wie kommt es zu hohen Kapitalbindungen in Beständen?
Die Liste der kapitalbindungskostenverursachenden Gründe ist lang. Im Folgenden sollen einige der wichtigsten Ursachen aufgeführt werden. Ein Grund für hohen Lagerbestand und damit hohe Kapitalbindungen ist Bereichsdenken in der Bestandspolitik von Vertrieb, Fertigung und Einkauf. Durch Unstimmigkeiten wachsen Bestand und damit Kapitalbindungskosten.
Weitere Ursachen sind eine unzureichende Dispositionsqualität und eine fehlende oder unzureichende Qualifikation der Mitarbeiter. Ebenfalls zu einem großen Problem kann werden, wenn Änderungen der Marktentwicklung gar nicht oder zu spät wahrgenommen werden. Auch nicht von Vorteil ist es, wenn Pufferbestände gegen akute Probleme wie unzureichende Liefertreue, Ausfall von Maschinen oder mangelnde Qualitätseinhaltung in der Fertigung gehalten werden. Für eine hohe Lieferbereitschaft müssen bekanntlich hohe Kapitalbindungen und hohe Lagerkosten in Kauf genommen werden.
Gleichermaßen sorgen entkoppelte Planungs- und Steuerungssysteme sowie Schwachstellen in der Aufbauorganisation der gesamten Versorgungskette für hohe Kapitalbindungen. Auch eine zu breite Sortimentsplanung und zu viele Produktvarianten können sich maximierend auswirken.
2.2 Möglichkeiten zur Reduktion von Kapitalbindung
Der im Lager gebundene Kapitalwert setzt sich zusammen aus Lagermenge und Lagerwert. Daraus ergeben sich folgende Möglichkeiten zur Senkung dieses Wertes: Die einfachste und wohl auch einleuchtende Lösung besteht darin, die Menge der gelagerten Artikel zu reduzieren. Eine andere Möglichkeit wäre, Güter unterschiedlichen Wertes zu lagern, denn beachtet man, dass die lagernden Artikel unterschiedlicher Art sind und deshalb je nach der ihnen zugewiesenen Zwecksetzung unterschiedliche Werte annehmen, wird nachvollziehbar, dass eine Reduktion der Kapitalbindung nicht nur durch eine Reduzierung der Artikel, sondern auch durch die Zusammensetzung aus Mengen und Werten möglich ist.
2.3 Lagerintensität
Eine wichtige Kennzahl in diesem Zusammenhang ist die Lagerintensität. Sie wird auch als Vorratsintensität bezeichnet. Mit ihr lässt sich herausfinden, wie viel Kapital in Form des Lagerbestands gebunden ist. Dies ist notwendig, um die Höhe der Kapitalbindung ausmachen. Als „vorratsintensiv“ wird eine Lagerintensität bezeichnet, wenn sie 25 Prozent überschreitet. Um die eigene Lagerintensität zu berechnen, benötigt man zwei Zahlen: Zum einen das Vorratsvermögen bzw. den Wert der Lagerbestände sowie das Gesamtvermögen bzw. die Bilanzsumme. Mit welcher Formel Sie Ihre Lagerintensität berechnen, erfahren Sie hier: Lagerkosten senken