9. WIE BINDE ICH ÜBERBESTÄNDE? – INSTRUMENTE ZUR BESTANDSREDUZIERUNG
Bestände zu senken und auch nachhaltig niedrig zu halten ist nicht einfach, aber machbar. Bestände und die damit verbundenen Kosten lassen sich senken, ohne dabei die Lieferbereitschaft zu beeinträchtigen. Lagerhaltungskosten sind linear abhängig vom durchschnittlichen Lagerbestand. Wer seinen Bestand im Lager auf eine für den Betrieb sinnvolle Größe reduziert, minimiert gleichzeitig seine Lagerhaltungskosten. Ziel sollte deshalb ein optimaler Bestand sein, heißt ein am wenigsten Kosten verursachender Lagerbestand. Notwendig hierfür ist eine dauerhafte Überwachung der Lagerhaltung und Beschaffung. Im Folgenden sollen einige Konzepte und Strategien vorgestellt werden, die eine Bestandsreduzierung herbeiführen können.
9.1 Einkaufsprozess überdenken und richtig disponieren
Wie bereits angerissen, kann sich durch das Überwachen und Kontrollieren der Lagerhaltung und des Beschaffungsprozesses der Bestand reduzieren. Neben dem Verringern der Einkaufsmenge gibt es aber weitere Strategien, um dies zu verwirklichen. Eine Möglichkeit, stellt das Vorgehen dar, Käufe nur noch auf Abruf zu tätigen. Dabei wird die Ware so lange beim Verkäufer gelagert, bis der Käufer sie benötigt und abruft. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Käufer dazu bringen, größere Mengen abzunehmen, wodurch das eigene Lager entlastet wird. Möglich ist dies durch eine konkrete Rabattpolitik oder vertraglich festgelegte Mindestmengen. Eine andere Option stellt die Geschäftsform des Streckengeschäfts dar. Hierbei wird die Ware nicht im Lager positioniert. Der Händler wickelt lediglich den Kaufvertrag mit dem Kunden ab und bestellt dann beim Hersteller bzw. Großhandel. Dieser liefert die Ware dann direkt an den Kunden.
9.2 Reduzierung der Artikel- und Variantenvielfalt
Untersuchungen der Bestände unterschiedlichster Unternehmen haben gezeigt, dass eine zu breite Artikel- und Variantenvielfalt negative Folgen für die Lagerkosten mit sich zieht. Eine Vielzahl der Artikel ist nicht am Umsatz beteiligt. Deshalb gilt herauszufinden, welche Artikel Ladenhüter sind und welche regelmäßig benötigt werden. Im Zuge der heutigen Sofortgesellschaft ist die Variantenvielfalt auf der Endproduktebene nicht wegzudenken. Deshalb muss mittels Standardisierung bzw. Werkstücksystematisierung die Teilvielfalt auf der Einzelteilebene reduziert werden. Eine andere Möglichkeit ist, die Artikel so zu konstruieren, dass die einzelnen Varianten erst in der spätmöglichsten Fertigungsabfolge erarbeitet werden.
9.3 Optimierte Ersatzteilstrategie
In diesem Zusammenhang können Bestandsreduzierungen vorgenommen werden, indem einige generelle Leitfragen aufgegriffen und beantwortet werden. Zunächst ist sich zu fragen, welche Teile überhaupt Ersatzteile sind und wer dies festlegt. Anschließend daran muss geklärt werden wie die Regelung dieser Ersatzteile vor und nach Produktionsanlauf aussieht. Auch die Beantwortung der Frage wo gelagert wird, kann Optimierungspotenzial erschließen. Am wichtigsten ist sich aber zu fragen, ob Mehrfachlagerungen in Verbindung mit der laufenden Produktion vermieden werden. Vor allem der Abbau von Doppellagern und Mehrfachdispositionen kann zu einer deutlichen Bestandsreduzierung führen.
9.4 Einführung ausgereifter Produkte
Nicht-ausgereifte Produkte und Qualitätsanforderungen haben negative Auswirkungen auf den Bestand. So sorgen diese für eine Verlängerung der Fertigungseinführung, verspätete Serienreife, eine mangelhafte Verfügbarkeit der Teile, hohen Ausschuss und zuletzt verspätete Lieferungen.
9.5 Kürzung der Dispositionszyklen
Durch eine Verkürzung der Dispositionszyklen können Bestände gesenkt werden. In der Disposition werden Unsicherheiten durch Sicherheitsbestände abgedeckt. Durch kürzere Dispositionszyklen lassen sich diese Sicherheitsbestände abbauen. Indem häufiger disponiert wird, verbessert sich nicht nur das Dispositionsergebnis. Losgrößen werden verkleinert, genau wie das Änderungs- und Ausschussrisiko und auch das Dispositionsrisiko, das Bilden von Lagerhütern wird verkleinert.
9.6 Auflösung von ungeplanten Lagern in der Fertigung
Durch ungeplante Lager wird zu viel Kapital gebunden. Auch die Wahrscheinlichkeit von Lagerhütern steigt. Weiter ist keine genaue Kapazitätwirtschaft und Auftragsterminierung mehr möglich.
9.7 Just-in-Time Produktion
Eine weitere Möglichkeit, Überbestände zu binden, besteht in der sogenannten Just-in-Time Produktion. Dabei wird auf den einzelnen Produktionsstufen nur so viel produziert, wie auch auf der nachfolgenden Stufe gefordert und benötigt wird. Hierdurch werden Bestände verringert und Zwischenlager fast vollständig verhindert. Notwendig hierfür sind eine systematische Absatzplanung und zuverlässige Absatzprognosen.